Vor ein paar Tagen habe ich in den Nebel im Garten geschaut und die Blätter des wilden Weins beim Hin- und Herwehen im Wind beobachtet. Eigentlich war nicht ganz klar, ob da nicht ein Vogel vorbeigeflogen ist oder ob es sonst etwas war, das diese Bewegung beeinflusst hat, außer dem Wind. Oft ist es so in dieser Jahreszeit, dass Blätter durch die Gegend fliegen und so viel herumgewirbelt werden, dass ich zu überlegen beginne, ob da nicht doch was anderes war als ein Blatt, vielleicht eine Maus, die durch das Laub gehuscht ist, weil die Bewegung sich so lange fortsetzt und Wind eigentlich kaum wahrnehmbar ist.
Beobachtest du diese Wind- und Blätterspiele auch so gerne? Es hat etwas Schönes und Elegantes, wie die Blätter zu Boden segeln, oder vielleicht noch einen kleinen Tanz einlegen, bevor sie unten landen. Und gleichzeitig wissen wir, dass sie einst ein wesentlicher Teil des gesamten Lebewesens Baum waren – so wie manche Dinge, von denen wir uns verabschieden, uns auch für eine gewisse Zeit begleitet haben und wichtig waren.
Es ist nicht erstaunlich, dass das genau die Zeit ist, in der – gemäß vieler Traditionen - die verschiedenen Weltebenen keine klaren Grenzen mehr haben. Dass die Sphären der Lebenden und Toten sich vermischen und die Trennlinien zwischen den Welten dünner und durchlässiger sind als sonst. So wie beim keltischen Samhain, das die Grundlage für Halloween ist. Kommunikation mit dem geistigen Reich und ein Erleben der Anderswelt wird möglich, während der Übergang der hellen zur dunklen Jahreshälfte den Zyklus von Leben und Tod symbolisiert. Eine Geister-Atmosphäre herrscht in diesem Zwielicht, wo es immer halb Nacht, halb Tag ist. Das ist ein Zwischendrin-Zustand, ein Interim - und eine gute Gelegenheit zu reflektieren.
Wie geht es dir damit? Wann hast du dir das letzte mal einige Minuten oder sogar eine Stunde reserviert, um dich wieder neu zu (er)finden, für dich und deine eigenen Wünsche einzustehen? Die Tage der bunten, wirbelnden Blätter können dich immer wieder daran erinnern!
Manche Herbstlaub-Beobachter*innen haben darauf hingewiesen, dass die Blätter erstrahlen, um vergangene Momente mit Energie aufzuladen. Um daran zu erinnern, was besonders schön war in diesem Jahr, oder wie strahlend der Sommer war oder wie viel Sonnenenergie in Licht und Farben gespeichert sind.
Voller Farben und Lebensfreude wird auch der mexikanische Día de los Muertos zelebriert. In leuchtenden, festlichen Gewändern feiert man freudig das Andenken an die Verstorbenen. Eine Freundin hat mir erzählt, dass sie in diesen Tagen schöne Porträts ihrer verstorbenen Lieben aufgestellt hat. Es sind Fotos von Menschen und Tieren, die sie auf die ein oder andere Weise im Leben begleitet haben. Und im Gedenken verbindet sie sich mit deren Energie. Außerdem hat sie bunte Girlanden ins Zimmer gehängt.
Sie hat mir eine Anleitung für ein besonderes Herbstritual gegeben, die ich hier mit dir teile:
· Geh hinaus und sammle abgefallene Herbstblätter als Symbole für Dinge, die du loslassen möchtest - vielleicht Sorgen, Groll oder Ängste.
· Lege sie zu den Fotos von geliebten Wesen, um die Vergangenheit zu ehren und gleichzeitig deine Absicht loszulassen zu bekunden.
· Sage bei jedem einzelnen Blatt, das du ablegst, ein paar Worte darüber, wofür es steht, und danke ihm für seine Rolle in deinem Leben.
· Bring die Blätter schließlich nach draußen in die Natur und lass sie wieder zurückkehren in den ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen.
Hast du selbst Rituale, die dich bei den Veränderungen begleiten und dich zum Loslassen von all dem, was dir nicht mehr hilft, ermutigen? Dieses Loslassen gibt dir neue Energie für das, was jetzt wichtig ist und was du in deinem Leben wirklich tun willst.
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